Vor knapp zwei Jahren habe ich den Schritt gewagt eine andere Form der Arbeit auszuprobieren. Kein Firmenbüro, keine Fahrt zur Arbeit sondern vom Bett direkt zum Büro tapsen zu können. Im eigenen Zuhause, also remote zu arbeiten.
Ich hatte zuvor zwar mehrmals die Möglichkeit remote zu arbeiten, hatte das aber defacto noch nie getan. Es war der Sprung ins kalte Wasser… und wie kalt das war, darüber möchte ich heute berichten.
Vorbereitung
Vor dem ersten Arbeitstag habe ich meine Technik mit zwei Monitoren aufgestockt. Abgesehen davon war mein damaliges Office weit weg das zu sein, was es sein sollte. Im Endeffekt war es ein Tisch inmitten meines Wohnzimmers, da sich aus Platzgründen keine wirklich bessere Lösung ergab.
Der erste Tag (Onboarding)
Den ersten Tag könnte man auch “Tag des Setups” taufen. Um halb Zehn jointe ich zum ersten Mal dem Hangout des Daily Standups. Ich wurde begrüßt, stellte mich vor und sah zum ersten Mal das komplette Team vor mir auf meinem Monitor und lauschte ihren Berichten vom vergangenen Tag und ihren Plänen für den heutigen Tag.
Mir wurde zudem angeboten da zu sein im Falle, dass ich mit der Einrichtung und dem Starten der Webanwendung Probleme haben sollte. Zuerst folgte jedoch eine längere Unterhaltung mit dem DevOps Team zum Einrichten des VPN, Accounts bei verschiedensten Services etc.
Am Ende des Tages hatte ich meinen Rechner eingerichtet und die Anwendung am Laufen, neben einiger Gespräche die meist zur Behebung meiner lokalen Probleme dienten. Ohne dass ich hierfür jemals das Haus an diesem Tag verlassen habe.
Es war ein seltsames Gefühl…
Die ersten Monate
Diese Zeit war recht unproduktiv, da ich mehr damit beschäftigt war die Projektstrukturen zu verstehen und mich mit dem Code vertraut zu machen, als dass ich fokussiert an einem Problem arbeiten konnte. Mit der Zeit war ein Grundverständnis geschaffen und es ging an die eigentliche Arbeit das Frontend Team zu unterstützen und Ideen umzusetzen.
Zur damaligen Zeit war Google Hangouts der Hauptkommunikationskanal. Neben den täglichen Daily Standups, koordinierte man sich im Team zu weiteren Meetings je nach gerade zu bewältigender Aufgabe etc.
Glücklicherweise wohnen einige meiner Kollegen in lokaler Nähe, sodass wir uns ab und zu entweder in Saarbrücken zum Mittagessen oder privat zum gemeinsamen Arbeiten trafen. Das half natürlich sehr, sich auch neben der Arbeit anzufreunden, Kontakt zu knüpfen und am Ende eine emotionale Beziehung herzustellen, was rein via Pixel nicht bzw. nur schwer möglich ist.
Ich erlangte zudem immer mehr Produktwissen, gestaltete Ideen aus und setzte diese um. Mir gefiel auf Anhieb die offene Art mit der man Ideen gegenüberstand. Sofern man die Vorteile dieser Idee und Umsetzbarkeit argumentieren konnte, war und ist man noch immer aufgeschlossen diese auch umzusetzen. Natürlich abhängig vom Projektstand, Timings etc.
Das erste Jahr
Das erste Jahr verging sehr schnell, war spannend, stressig und gleichzeitig schön. Das Highlight war mein erstes Retreat oder sozusagen mein erstes Klassentreffen.
All die Kollegen, die ich zum Großteil bisher nur in Pixel erlebt hatte standen plötzlich in einem Hotel in Köln leibhaftig vor mir.
Man umarmte sich, lachte um die Wette, trank das ein oder andere Bierchen und lernte sich näher kennen. Das war definitiv anders und intensiver als jedes andere Firmenfest bzw. Treffen, das ich je hatte. Ich verknüpfte plötzlich persönliche Erinnerungen mit ihnen. Das macht und machte unglaublich viel aus, auch in der täglichen Arbeit miteinander!
Die ersten zwei Jahre
Nun sind fast zwei Jahre vergangen. Es ist sehr viel passiert, aber auch 2018 wird sicherlich aus vielen Perspektiven ein sehr spannendes Jahr werden!
Einige, wenige Kollegen haben sich verabschiedet, viele neue sind dazu gekommen!
Auch in schwierigen Zeiten, vor denen man auch via Remote nicht gefeit ist, so freue ich mich jeden Tag auf das was kommt, auf neue Herausforderungen und wieder ein Schritt weiterzukommen!
Fazit
“Ich kann mir das ja gar nicht vorstellen!”
So, oder so ähnlich lautet immer die Antwort Anderer auf deren Frage hin, wie ich denn Remote arbeiten könne.
“Ich wäre viel zu viel abgelenkt und mir würde der persönliche Kontakt fehlen.”
Das ist oft der darauf folgenden Anschlusssatz.
Ich kann diese Bedenken sehr gut verstehen. Ich denke Remote arbeiten versteht man nur, wenn man es mal selbst getan hat. Selbstdisziplin ist sicherlich genauso eine Anforderung dabei, wie auch irgendwann mal abzuschalten — ein räumlich abgetrenntes Büro hilft hierbei immens — und seine eigenen täglichen Routinen herauszuarbeiten. Genauso wie sich auch nicht die Decke auf den Kopf fallen zu lassen, sondern evtl. Mangel an Küchengesprächen mit Kollegen mit Freizeit und Hobby auszugleichen oder bestenfalls sich regelmäßig zu treffen.
Ich möchte meine momentane Flexibilität im Alltag so schnell nicht mehr missen!
Euer Andi Schmandi