Disclaimer: Ich werde hier aus rein subjektiver Sicht berichten und meine Meinung widerspiegeln. Namen sind zum Schutz verfälscht.
Ich bin dankbar!
Das ist der erste Gedanke der mir zu meiner Jugend einfällt. Dankbar meinen Eltern gegenüber, dass sie mir so eine Jugend ermöglicht und “Erwachsenen-Probleme” von mir fern gehalten haben. Ich durfte Kind sein, durch und durch! Und ich weiß, dass dies nicht selbstverständlich war und ist. Daher bin ich ihnen umso mehr dankbar!
Die Straßengang!
Meine Jugend spielte sich größtenteils in einem 1.700 Seelendorf ab, inmitten der Natur. Ich war Teil einer Straßengang — nein, nicht was ihr jetzt denkt: Eine Gemeinschaft aus zwei Jungen und vier Mädchen nahezu gleichen Alters die in dieser Idylle aufwuchsen.
Wenn zum letzten Mal für diesen Tag die Schulglocke läutete, ging es nach Hause. Zu Fuß, ein kleiner Spaziergang, nicht länger als einen Kilometer. Es war ein fließender Übergang vom manchmal stressigen Schulalltag zum restlichen Tag. Man konnte durchschnaufen, witzeln, blödeln und sich Gedanken machen “was heute noch so ansteht”, natürlich nach den Hausaufgaben. Zuvor gab es aber, für mich damals selbstverständlich, ein leckeres Mittagessen das mir von meiner Mutter zubereitet und zusammen mit mir verköstigt wurde. Auch diesbzgl. ist mir heutzutage klar, dass sowohl damals als auch heute der Alltag nach der Schule bei vielen aussieht bzw. ausgesehen hat. Auch hier gilt: “Danke Mama”! Danke, dass du neben all dem Haushalt, Beruf und all den “Erwachsenen-Problemen” da warst als ich nach Hause kam. Nicht nur wegen dem Essen ;), sondern auch wegen des Gefühls “erwartet” zu werden.
Nach dem Essen war es Zeit für Hausaufgaben. In der Grundschulzeit auch hier zusammen mit meiner Mutter am großen Esszimmertisch. Später dann alleine im eigenen Zimmer. Ob Grund- oder Realschulzeit, sie war immer da und stand mit Rat und Tat zur Seite: meine Mutter.
“Hausaufgaben fertig… super! Ab an den PC!”
Das dachte ich mir oft. Aber nein, weit gefehlt:
“Du gehst jetzt raus, es ist zu schönes Wetter um drin zu sitzen”
So oder so ähnlich lautete dann immer die prompte Antwort meiner Eltern.
“Andreas Sander, wer ist da?”
Oh, da klingelte schon das Telefon! Ich meldete mich mit folgenden Worten, die ich ohne Luft zu holen aneinander reihte:
“Andreas Sander, wer ist da?”
“Hey, hier ist Nina, ich bin fertig mit den Hausaufgaben, hast du Lust eine Runde Fahrrad zu fahren?”
Telefonate dauerten meist nicht länger als eine halbe Minute und verliefen hunderte Male genau so! Und dann ging es raus zum Fahrrad oder Skateboard fahren (u.a. mit einem Pudel). Und wenn schlechtes Wetter war, dann tauschten wir das Fahrrad, Tischtennisschläger oder Skateboard gegen einen Gameboy oder später einen N64. Und wenn uns gar nichts einfiel was wir denn machen wollten, dann nahmen wir uns Zettel und Stift: Jeder schrieb die Top X Aktivitäten auf die er machen wollte. Gab es am Ende Übereinstimmungen, dann wurde sich darauf geeinigt. So war das damals… ganz schön demokratisch. ;)
Und im Sommer gab es am Ende des Tages ein Highlight: Wenn man stinkte vom vielen Schwitzen, die Kleider dreckig waren vom Hinfallen und die ein oder andere Wunde am Körper klaffte, dann kam der Eismann Heinz und es gab Eis! Ein Bällchen für 30 oder 40 Pfennig — so genau weiß ich das nicht mehr. Heinz war Teil unserer Jugend. Wenn er in unsere Straße abbog, dann war einfach klar, dass es jetzt ein Eis gibt, manchmal auch ein Bällchen für uns umsonst. Dann setzten wir uns auf das Trottoir und schleckten genüsslich daran. Bis es irgendwann aus einem der Häuser schallte:
“Andi komm rein, es gibt Essen!”
Es war mal wieder…? Natürlich, meine Mutter! Zusammen mit meinem Vater wurde dann zu Abend gegessen. Entweder draußen oder auch vor dem Fernseher mit der Tagesschau um 20 Uhr im Hintergrund.
So war das damals in meiner Jugend. Und das entlang eines Jahrzehntes!
Rückblick
Im Nachhinein weiß ich, dass wir, die Straßengang, uns glücklich schätzen können solch eine Jugend unser nennen zu dürfen.
Diese Zeit hat uns zweifelsfrei geprägt, geerdet und sozial reifen lassen, neben all den tollen und weniger tollen Erinnerungen aus dieser Zeit die wir immer mit uns in Verbindung bringen werden.
Heute lebt die Straßengang Deutschlandweit verstreut. Mit fast allen stehe ich noch in Kontakt. Wir verstehen uns gut. Es gibt ein für mich undurchdringliches Band zwischen uns. Womöglich die Erinnerungen aus unserer Jugend oder das Gefühl zu viel schon zusammen erlebt zu haben, um sich jetzt noch zu streiten und zu verlieren? Die freundschaftlichen Gefühle sind anders. Anders als zu neueren Freundschaften. Anders als diese wahrscheinlich je sein werden…
Die Mitglieder der Straßengang sind nun selbst Mütter oder Väter. Eltern von Kindern mit ihren hoffentlich eigenen Straßengangs in naher Zukunft.
Mir bleibt nur eines zum Schluss…
Danke!